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Neues Selbstbewusstsein für die Armee


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Israel

 

Neues Selbstbewusstsein für die Armee

 

Sendeanstalt und Sendedatum: WDR, Sonntag, 11. November 2007

 

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Strandleben in Israel – entspannt und lässig wie überall auf der Welt.

Doch mitten unter den Sonnenanbetern trifft man plötzlich auf eine Gruppe Jugendlicher, die intensiv trainiert. In einem Jahr werden sie eingezogen. Da sie aber in Eliteeinheiten dienen wollen, müssen sie sich fit machen. Sehr fit. Yuval Eylam, ein ehemaliger Offizier, hilft ihnen dabei. Nur die besten kommen durch. Man sollte meinen, nach dem Libanon-Krieg letzten Sommer, bei dem die israelische Armee sehr schlecht ausgesehen hat, wären die zukünftigen Rekruten nur mäßig motiviert. Doch das Gegenteil ist der Fall.

 

„Nach jedem Krieg steigt die Zahl der Bewerber an. Wenn es keinen Krieg gibt, dann denken sich die Jungs: Ach, wozu brauchen wir eine Armee, es ist doch egal. Aber wenn wir einen Krieg durchmachen, dann sagen alle, hey, es ist wichtig, dass wir eine Armee haben.“

Das ist Shtula, ein verschlafenes israelisches Dorf an der Grenze zum Libanon. Letztes Jahr, während des Krieges, sah es hier anders aus. Der Hauptplatz war der Sammelpunkt für einen Teil der Armee. Amateurbilder vom letzten Jahr. Von hier aus marschierten die Soldaten in den Libanon ein. Doch die Armee scheiterte bei dem Versuch, die pro-iranische Hizbollah Miliz zu vernichten, sie konnte nicht verhindern, dass die Hizbollah mehr als 4000 Raketen auf Nordisrael abfeuerte.

Das ist Nir Eylon. Der 37jährige Hightechspezialist war als Reservist ebenfalls von Shtula aus an die Front gegangen. Er zeigt uns, wo er und seine Freunde sich am liebsten aufgehalten haben:

 

„Jedes mal wenn wir aus dem Libanon zurückkamen, haben wir uns in Sicherheit gebracht, weil dies hier ein Betonbau ist. Zwei Betonwände und ein Dach. Das hier war der sicherste Schutz vor den Raketenangriffen der Hizbollah. Da schau her – da ist sogar noch eine Patronenhülse. Die stammt noch von uns.“

 

 

 

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Jenseits des Zauns – das ist Südlibanon. Heute überschauen UNIFIL Truppen das Gelände, letztes Jahr kontrollierte noch die pro-iranische Hizbollah-Miliz das Gebiet. Als Nir mit seinen Kameraden einmarschierte, ging alles schief.

 

„Unser Vorgehen war furchtbar chaotisch: es gab viele Pläne, aber sie wurden ständig fallengelassen. Jede Nacht war das so. Es gab einen Plan, dann wurde die Operation abgeblasen, wir gingen in Deckung. Wir zogen wieder los, Operation abgeblasen, wir gingen wieder in Deckung. Wir alle dachten nur: Verdammt, was machen wir hier eigentlich. Und so mussten wir uns in einem libanesischen Haus verbarrikadieren. Konnten tagsüber nicht auf die Straße und mussten einfach warten. Nur sitzen und warten, während um uns herum geschossen und gefeuert wurde.

Was mich bis heute so wütend macht – unsere Kommandeure hatten uns unnötige Gefahren ausgesetzt.“

 

Jahrelang haben kaum noch Übungen für die Reservisten stattgefunden. Nun versucht der Generalstab, den Ruf der Armee zu rehabilitieren. Alle paar Wochen wird der Ernstfall geprobt. Bemühte Generäle versichern den besorgten Israelis, man habe die alte Kampfkraft zurück gewonnen. Das ist angesichts der Möglichkeit, im nächsten Jahr könnte es zum Krieg mit dem Iran kommen, besonders wichtig.

 

Gur Yalon bei seinen täglichen Rund am Rande von Tel Aviv. In einem Jahr wird auch er eingezogen. Er will zur Sayeret Matkal, eine der wichtigsten Spezialeinheiten der israelischen Armee

 

„Es gibt da so einen banalen Spruch, aber es ist wirklich so: ich will meinem Land dienen so gut ich nur kann. Und Sayeret Matkal ist eine ganz besondere Herausforderung. Diese Einheit führt Geheimaktionen hinter den feindlichen Linien aus.“

 

In einer Zeit, in der Teheran möglicherweise eine Atombombe entwickelt und der iranische Präsident Ahmadinejad immer wieder die Vernichtung Israels propagiert, könnte das also bedeuten, daß Gur, wenn er Kommando-Mitglied von Sayeret Matkal werden sollte, eventuell im Iran eingesetzt wird.

 

„Es mag verrückt klingen, aber für mich ist es logischer, einen Einsatz im Iran auszuführen, als gegen palästinensische Zivilisten meine Waffe zu erheben. Der Iran ist wirklich eine ernsthafte Bedrohung. Das ist etwas anderes.“

 

Dass ein Krieg mit dem Iran in Israel für möglich gehalten wird, zeigen Artikel in israelischen Tageszeitungen wie diese in der vergangenen Woche: „Wir kehren in die Bunker zurück“ – so lautet der Titel: Die Menschen werden darin aufgefordert, ihre Sicherheitsräume und Gasmasken zu kontrollieren und notfalls instand zu setzen.

Dasselbe geschieht auch in den öffentlichen Bunkern – da allerdings ist die Kontrolle eine Routinesache. In regelmäßigen Abständen wird kontrolliert ob die Klimaanlage funktioniert, die Gasfilter, die sanitären Anlagen. In Israel ist man sich fast sicher, dass 2008 zum Jahr der Entscheidung werden könnte.

 

O-Ton Alon Ben David, Militäranalytiker

„Eine iranische Nuklearbedrohung könnte die Lebensqualität in Israel massiv beschädigen, rein psychologisch. Schon die Drohung eine Atombombe einzusetzen, die Gefahr, bei einem möglichen neuen Konflikt mit der Hizbollah-Miliz im Libanon zu wissen, dass der Iran die Hizbollah mit der Atombombe schützen würde, schon damit kann Israel nicht leben.“

 

Wir sind mit Nir Eylon noch einmal an der israelisch-libanesischen Grenze. Die Armee hält Wache. Im Augenblick ist es hier ruhig. Doch die pro-iranische Hizbollah hat nach dem Krieg letztes Jahr ihr Raketenarsenal wieder aufgefüllt. Der Norden Israels würde im Falle eines Krieges mit dem Iran wohl besonders leiden. Die Flagge der Hizbollah zeigt, dass sie nach wie vor präsent ist. Aber nach der militärischen Schlappe letztes Jahr hoffen die Israelis, dass die Armee weiß, was zu tun ist. Nir macht sich für den Fall eines Showdown mit Teheran 2008 keine großen Sorgen.

 

„Wenn wir uns mit dem Iran auseinandersetzen müssen, dann werden wir das sicher nicht allein tun. Und wir werden überleben. Sogar, wenn unsere Städte brutal bombardiert werden und daran besteht gar kein Zweifel. Der Krieg mit Iran wird anders sein als alle anderen Kriege. Es werden Waffen zum Einsatz kommen, die wir bislang noch nie benutzt haben. Aber wir werden überleben. Wir haben schließlich auch keine andere Wahl.“

 

Keine andere Wahl – Israel will niemals mehr einen neuen Holocaust zulassen. Dazu braucht es eine starke Armee. Denn Israel kann sich keine einzige echte Niederlage leisten. Mit der Ankündigung des iranischen Präsidenten Ahmadinejad, Israel zu vernichten, breitet sich im jüdischen Staat wieder einmal das Gefühl aus, mit dem Rücken zur Wand zu stehen.

 

http://www.daserste.de/weltspiegel/beitrag...g0qugsjg~cm.asp

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