Wissen wir unseren Imam der Zeit zu schätzen?

[Muhsin ibn Batul]

Allahs Segen und Frieden seien auf unseren Meister Muhammad (s.), sowie auf seine reine und unfehlbare und gütige Familie (a.)

 

Ich möchte mich in diesem kleinen Vortrag mit Allahs Erlaubnis damit befassen, ob wir unseren Führer, unseren Imam der Zeit zu schätzen wissen und aus welchem Grund dieser noch in der Verborgenheit verweilt, mit dem Hintergedanken, dass wir alle inshaAllah ein wenig davon mitnehmen können und in erster Linie meine eigene Wenigkeit.

 

Wir alle kennen die Überlieferung des Gesandten Allahs (s.), bei der er sagt, dass jener, der stirbt, ohne den Imam seiner Zeit erkannt zu haben, den Tod der Jahiliya stirbt (sprich, als Ungläubiger). Dieser Hadith ist in verschiedenen Werken zu lesen und man findet ihn auch in verschiedenen Wortlauten wieder. Bevor wir tiefer in diese Thematik eingehen, wollen wir uns erst einmal einige Gedanken zu dieser Überlieferung selbst machen.

 

Wenn wir uns die Worte des Gesandten Allahs (s.) anschauen, dann werden wir merken, dass sich diese Aussage nicht allein auf Imam Mahdi (aj.) bezieht, der heute unser Imam der Zeit ist, sondern damit jeder Imam^[1], seit Adam (a.) bis hin zu Muhammad al-Mahdi (aj.) gemeint ist. Es gibt eine bekannte Überlieferung, die besagt, dass Allah swt diese Erde nie ohne Führer (bzw. Hujja, Beweis) lassen würde, und würde Er dies tun, so würde die Erde zusammen mit ihren Bewohnern schmelzen. Das bedeutet, Adam (a.) war der Imam des Volkes zu Zeiten Adams (a.), Musa (a.) war der Imam des Volkes zu Zeiten Musas (a.), Issa (a.) war der Imam des Volkes zu Zeiten Issas (a.), Muhammad (s.) war der Imam des Volkes zu Zeiten Muhammads (s.), Ali ibn Abi Taleb (a.) war der Imam seines Volkes, Hassan ibn Ali der Imam seines Volkes, Hussein ibn Ali der Imam seines Volkes usw. usf.

 

Jedes Volk seit Adam (a.) hatte einen Imam und die Aufgabe des Volkes war es, diesen Imam, den Imam ihrer eigenen Zeit zu erkennen, seine Botschaft zu verstehen und dies in die Tat um zu setzen. Die Menschen, die zu den Zeiten von Imam Hussein (a.) lebten, hatten nicht die Aufgabe andere Imame zu erkennen, als Imam Hussein, denn er allein war ihr Imam der Zeit. Die Menschen zu der Zeit von Imam Hussein (a.) hatten den Auftrag ihrem Imam zu gehorchen. Das zu tun, was er sagt und was er verlangt. Sie mussten ihn erkennen und ihm dienen. Manche taten es, manche erkannten ihren Imam der Zeit, wie z.B. Abbas (a.), Muslim ibn Aqil (a.) oder Abis ibnu Abi Shabib al-Shakiri (r.) und manche nicht, oder erst später.

 

Die Liebe zu den Imamen der Zeit war schon immer unterschiedlich unter dem Volk. Die einen liebten ihren Imam und gehorchten ihm und erkannten ihn und andere weniger. Ein bekannter Gefährte, der seinen Imam der Zeit über alles liebte war der vorhin genannte Abis al-Shakiri (r.). Er rief damals in Karbala: "Gibt es denn keinen Mann? Gibt es keinen Mann?" Keiner tratt an, dann rief Umar ibnu Sa'ad: "Wehe euch, bombardiert ihn mit Steinen, damit er auf dem Boden stürzt." Die Steine wurden, dann aus allen Seiten geworfen, als er das dann sah (und wusste, dass sein Schutzschild ihm nichts nützt) warf er es hinter ihm und griff die Feinde (mit nackten Händen) an. Man fragte ihn dann: "Bist du verrückt geworden o Abis?!" Und er erwiderte: "Ja, bei Allah, die Liebe zu Hussein hat mich verrückt gemacht."

 

Nun, jetzt haben wir ausführlich über die Erkennung des Imams der Zeit gesprochen und darüber, was der Prophet (s.) mit seiner bekannten Überlieferung meint. Wir wissen jetzt, dass jedes Volk einen Imam hat und die Aufgabe jedes Volkes es ist, diesen Imam zu erkennen und sich ihm zu unterwerfen und ihm zu gehorchen. Das ist alles schön und gut, aber wer ist denn heute unser Imam? Wen müssen wir erkennen? Wem müssen wir dienen? Wem müssen wir gehorchen, uns ihm unterwerfen, seinen Befehlen Folge leisten usw.? Es ist keine schwierige Frage, die meisten werden wohl mit "Imam al-Hujja ibnul Hassan, Muhammad al-Mahdi" antworten. Bis hier hin stimmt alles nur werden wir gleich merken, dass wir ein besonderes Volk, eine besondere Ummah sind. Wir sind nicht wie die Ummah von Imam Ali oder die Ummah von Imam Hassan oder die Ummah von Imam Hussein. Wir sind eine besondere, spezielle, außergewöhnliche Ummah, die etwas besonderes auszeichnet. Wir sind die letzte Generation. Wir sind die letzten Menschen auf dieser Erde, mit dem letzten Führer und Imam^[2]. Wir werden bald inshaAllah, in einer Welt leben voller Gerechtigkeit und ohne Unterdrückung. Wir müssen uns das alles langsam auf der Zunge zergehen lassen, damit wir es verstehen. Wir sind einerseits wie jede andere Ummah, weil wir wie jede andere einen Imam haben, aber gleichzeitig zeichnet uns etwas besonderes aus.

 

Ein großes Nachteil an dieser Angelegenheit gibt es jedoch und dieses Nachteil ist, dass unser Imam der Zeit in der Verborgenheit ist. Für manche ist es schlimmer, für manche weniger. Manche haben trotzdem eine gewisse Bindung zu ihrem Imam, und sie sehen ihren Imam und sie sprechen mit ihm und sie treffen ihn und manche nicht. Nun schauen wir uns mal die Überlieferungen an, die über diese besondere Zeit und dieses besondere Volk sprechen:

 

Über Imam Zein ul Abideen, as-Sajjad, ibnul Hussein (a.), dass er sagte: "Wahrlich, die Personen, die in der Verborgenheit (Imam Mahdi's) sein Imamat anerkennen und auf seine Wiederkehr warten, sind besser, als die Leute aller Zeiten..."

 

MashaAllah - unsere Generation hat die Möglichkeit besser zu sein, als die Leute aller Zeiten. Was für eine Gnade von Allah, dass wir diesem Volk angehören dürfen! Weiter geht es:

 

Über den Gesandten Allahs (s.), dass er sagte: "Gratulation gebührt der Person, die den Qaim von meiner Ahlulbayt besucht und an Ihn, schon vor seiner Erscheinung glaubt. Er wird seine Freunde lieben und sich selbst von seinen Feinden distanzieren und er wird seine Führer (die Imame) lieben, die schon vor ihm kamen. Wahrlich, dies sind meine wahren Freunde, die ich liebe und für die ich Zuneigung habe. Sie sind die edelsten Menschen meiner Ummah."

 

Und erneut eine große Auszeichnung - unsere Generation hat die Möglichkeit zu den edelsten Menschen der Ummah des Propheten (s.) zu gehören. Und noch eine Überlieferung:

 

Über Imam Ja'afar as-Sadiq (a.), dass er sagte: "Die Person unter euch, die während ihrer Wartezeit (auf Imam Mahdi) stirbt, stirbt als eine Person, die mit dem Qa'im in einem Zelt war. Nein eher stirbt sie als eine Person, die mit dem Schwert auf seiner (Imam Mahdis) Seite gekämpft hat. Nein, bei Allah! Eher stirbt sie als eine Person, die den Märtyrertod an der Seite des Gesandten Allahs erlangt hat!"

 

Was für eine Stellung muss jener bei Allah haben, der an der Seite des Propheten (s.) den Märtyrertod stirbt? Was für ein Geschenk ist das? Das waren nur wenige der zahlreichen Überlieferungen über die Besonderheit und Auszeichnung der Ummah des Imam Mahdi (aj.). Und kein anderer hat diese Gnade erhalten außer wir. Sind wir dafür eigentlich dankbar? Haben wir eigentlich bisher verstanden, was für ein Geschenk es ist in dieser Zeit zu leben? Imam Mahdi (aj.) und das Warten auf Imam Mahdi (aj.) hat so eine hohe Stellung, dass selbst die Imame (a.) vor ihm, ihm dienen würden, wenn sie zu seiner Zeit gelebt hätten.

 

Über Imam Muhammad al-Baqir (a.), dass er sagte: "Wahrlich, wenn ich in dieser Zeit (die Erscheinung des Imams) leben würde, dann würde ich mir selbst nützen, indem ich Sahib al-Amr diene."

 

Und über Imam Ja'afar as-Sadiq (a.), dass er sagte: "Wahrlich, wenn ich in seiner Zeit (Imam Mahdi) leben würde, so wäre ich bis ans Ende meines Lebens, sein Diener gewesen!"

Das ist die erhabene Stellung, die wir erlangen können. Nicht jeder erlangt sie natürlich, denn Warten ist nicht gleich Warten, wie in vielen anderen Vorträgen schon erwähnt wurde, und worauf ich hier nicht näher eingehen möchte, da es den Rahmen dieses Vortrags sprengen würde. Allerdings was wir uns an dieser Stelle nochmal fragen sollten ist: Ob wir wirklich unseren Imam der Zeit zu schätzen wissen? Sind wir dankbar dafür in dieser Zeit zu leben oder wünschen wir uns in Wirklichkeit, wir hätten einen anderen Imam der Zeit? Und wenn wir dankbar sind, dieser Generation anzugehören, halten wir dann auch eine gewisse Bindung zu unserem Imam der Zeit? Lieben wir unseren Imam der Zeit so sehr wie Abis al-Shakiri (r.)?

 

Jeder von uns "würde" sein Leben opfern für den Imam, aber wie zeigen wir es ihm? Halten wir Kontakt zu Imam Mahdi (aj.)? Grüßen wir ihn täglich? Bitten wir ihn um Hilfe, bei Problemen? Oder wenden wir uns zuerst an jeden außer an ihn? Trauern wir darum, dass er verborgen ist? Sehnen wir uns danach ihn zu sehen? Beten wir für seine Rückkehr? Handeln wir so, dass seine Rückkehr beschleunigt werden kann? Verhalten wir uns so und rufen wir unsere Familienangehörigen und Freunde und Bekannte dazu auf, sich auch so zu verhalten? Sind wir uns über unsere Pflichten bewusst? Es gibt noch viele weitere Fragen, die man sich stellen könnte und das sollte man auch. Man sollte sich diese Fragen stellen und wenn man keine guten Antworten hat an sich arbeiten, um dies zu ändern, solange es noch geht.

 

Und der Frieden und Segen Gottes seien mit Muhammad (s.) und seiner reinen Familie (a.).

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[1] Mit "Imam" ist in diesem Fall nichts anderes als "Führer" gemeint, ein Führer, der von Allah auserwählt wurde, so wie die Propheten (a.) und Imame (a.).

 

[2] Wenn wir nicht annehmen, dass wir in der Zeit der Rückkehr des Imams leben und nicht daran glauben, dass er in unserer Zeit zurückkehren wird, dann würden wir nicht richtig warten, denn warten tut man nur auf etwas, dass bald passiert. Über Imam Ja'afar as-Sadiq (a.), dass er sagte: "...Erwarte das Erscheinen (des Imams) während der Zeit (der Verborgenheit), jeden Morgen und jeden Abend..."