Zum Inhalt springen

Osmanisches Reich


Empfohlene Beiträge

#bismillah#

 

Salam alle Zusammen ,

 

ich habe gestern mit meinem Freund gerredet ( Türke).

Er erzählte mir das das Osmanische Reich total gut war , die Menschen waren Zusfrieden und jeder hatte ein gutes Leben. Das hört sich für mich ein bisschen unglaubwürdig an.

Was sagt ihr , wie war das osmanische Reich wirklich.??

 

wasalm

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

#salam#

 

Das OR war nicht besser als andere Reiche, in vielerlei Hinsicht sogar schlechter. Ein Großteil der Sultane waren schlicht Meuchelmörder, die ihre eigenen Väter und Brüder umbringen ließen.

 

Kurios finde ich, dass nichtmuslimische religiöse Minderheiten oft besser dran waren als einige Minderheiten im Islam. Schiiten wurden ab der Regierungszeit Selims I. Anfang des 16. Jahrhunderts, mit Erstarken des Safawidenreiches, zum Teil äußerst brutal verfolgt, das nahm teils schon Ausmaße eines Genozids an. Das besserte und verschlimmerte sich dann immer mal wieder von Sultan zu Sultan.

In Provinzen wie dem heutigen Libanon, Syrien, Irak etc. gab es dieses Problem nicht so massiv, aber auch da mussten schiitische Ulema aufpassen, wie sie sich in der Öffentlichkeit bewegten und äußerten.

 

Das heißt aber nicht, dass es nichtmuslimischen Minderheiten besonders gut ging, aber sie hatten überwiegend ihre Ruhe.

 

Also man muss schon sagen, unter der Bevölkerung an sich gab es vergleichweise wenig Probleme. Wenn sich die Herrscher nicht eingemischt haben, gabs ein friedliches Zusammenleben zwischen Griechen, Türken, Armeniern, zwischen Christen, Juden, Muslimen. Das lag aber nicht am tollen osmanischen Herrschaftssystem, sondern eher daran, dass der Hof die Provinzen, die ihn nicht unmittelbar umgaben, eher einfach machen ließ. Solange die Bevölkerung ordnungsgemäß die Steuern zahlte, gabs keine Probleme. Die einfachen Leute unter sich waren meist schon über Generationen in ihren Siedlungsgebieten, kannten Multikulti, und daher hatten sie auch wenig Probleme miteinander.

 

Das Osmanische Reic profitierte außerdem im hohen Maße von den Handelszentren des alten Byzantinerreiches, wie Smyrna (heute Izmir) und anderen. Da waren es nun mal seit je her Griechen, die den Handel erfolgreich dominierten. Ist ja klar, dass der Hof die in Ruhe lässt, solange er ordentlich kassieren kann. Die Sultane wären schön blöd, da Stunk zu machen.

 

Das größte Problem war wohl die Dekadenz der Herrscher, so haben sie das Reich nach und nach in den Ruin getrieben. Möglichkeiten, die Bevölkerung davon abzulenken, fand man genug, mal warens die anatolischen Schiiten, dann die Kurden, dann die Armenier...

 

Was ich persönlich besonders anmaßend finde, ist dass die Sultane irgendwann auch begannen, den Titel des Khalifen zu tragen und sich tatsächlich als Stellvertreter Gottes und Seines Gesandten auf Erden verstanden. Natürlich kamen Urteile nicht von ihnen direkt, sondern sie sprachen aus, was ihre Sheikhs ihnen zuflüsterten, aber letztlich war die Religion somit immer so ausgerichtet, wies politisch grad gepasst hat - und das war nicht selten wenig islamisch und oft ziemlich menschenverachtend...

 

Das ist jetzt eine sehr grobe, vereinfachte und wenig differenzierte Darstellung, es ist auch etwas schwierig, einige Jahrhunderte zu überfliegen. Es gab bessere und schlechtere Zeiten unter den Osmanen, Gründe, so begeistert von ihnen zu sein wie dein Freund, gibts aber eher wenige.

Gerade bei traditionell-religiösen Türken stehen die Osmanen hoch im Kurs, es schwirrt immer das Märchen von Friede, Freude, Eierkuchen in der Luft. Das ist aber genauso idealisierend und ja sogar verfälschend, wie der übertriebene Atatürk-Wahn...

 

 

Wassalam

  • Like 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Der serbische Janitschar Konstantin aus Ostrovitza beschreibt in seinem Werk Memoiren eines Janitscharen einen Teilaspekt der Knabenlese auf dem Balkan:

 

„320 Knaben und 704 Weiber hielt der Sultan (Mehmed II.) zurück; [...] Von jenen anderen Knaben ließ er einigen auch die männlichen Glieder abschneiden, und einer von ihnen starb daran. Und so nennen die Türken sie hadimlar, das bedeutet Hämlinge, sie bewachen die Frauen des Sultans.

 

Renate Lachmann: Memoiren eines Janitscharen oder Türkische Chronik. Styria Verlag, Graz/Wien/Köln 1975, ISBN 3-222-10552-9, S. 113 f.

 

 

 

  • Like 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Salam,

 

@ Dhuljannah...du hast Schiiten geschrieben, es waren Aleviten die verfolgt wurden, wahrscheinlich weißt du es und sagst absichtlich extra Schiiten #augenroll#

 

Die Janitscharen waren keine serben, es waren Türken. Kann sein, das derjenige später rekrutiert wurden. Es gibt auch so eine Sendung im Türk. Tv über so einen Sultan :-D

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

#salam#

 

Nein ich meinte tatsächlich Schiiten. Die Aleviten in jener Zeit waren zum größten Teil noch sehr nah an den orthodox-schiitischen Lehren, die Grenzen waren sehr sehr fließend. Und auch neben denen, die sich selbst als Aleviten sahen (schon damals) gab es durchaus "normale" Schiiten in Anatolien. Also da gibt es keinen Grund, die Augen zu rollen...

 

Wer sich die ersten safawidisch-osmanischen Auseinandersetzungen anschaut, bemerkt das auch. Es gab im Osmanischen Reich sehr viele Schiiten neben den Aleviten, in Anatolien wie in anderen Gebieten. Es gab ja auch in gewissem Umfang dann Wander- und Fluchtbewegungen Richtung Iran. In Anatolien war das stärker ausgeprägt als zum Beispiel im Libanon.

 

Verfolgt und entrechtet wurden beide. Ein Teil floh aus dem OR, ein Teil zog es vor, die Lehren eher verborgen vor der Öffentlich weiterzugeben um sich zu schützen, ein Teil hielt so gut er konnte die Füße still. Durch die verschiedenen Wanderbewegungen innerhalb des OR und aus dem OR heraus kam es auch durchaus zu Vermischungen.

 

Wer leugnet, dass Schiiten, wie wir sie heute als Schiiten verstehen, im Osmanischen Reich nicht verfolgt wurden, der hat - Entschuldigung - recht wenig Ahnung. Es gibt zig Fatwas aus der Zeit Selims, Süleymans und auch später noch, die sehr deutlich zeigten, was für einen Stand Schiiten hatten - sie wurden sozusagen zu Wölfen im Schafspelz, zu Ungläubigen, die sich als Gläubige geben, hingestellt, und ihre Tötung zeitweise für legitim erklärt, da sie als Feinde Gottes galten. Und in diesen Fatwas ging es noch gar nicht um eine Strömung, die wir heute als Alevitentum bezeichnen, sondern um die Shia an sich, um diejenigen, die der Religion angehörten, die unter Ismail I. im Iran Staatsreligion wurde - der Bezug zum Iran wurde auch immer wieder explizit hergestellt (ich muss aber sagen, dass die iranische Antwort auf diese Entwicklungen auch nicht ideal war, aber Gewalt erzeugt ja immer Gegengewalt, nur leider führte das zu einem tragischen Teufelskreis).

 

So legitimierten die Osmanen doch ihre Kriege gegen den Iran: Ein heiliger Krieg gegen die Ungläubigen, gegen die Feinde Gottes. Und die mussten natürlich erstmal im eigenen Reich ausgemerzt werden. In den Provinzen, auf die der Hof unmittelbaren Einfluss hatte, war das ein Todesurteil für etliche Schiiten. In abgelegeneren Provinzen war es nicht ganz so extrem, aber auch da gabs Fälle von Spionage, wo dann schiitische Gelehrte dem Hof gemeldet wurden - und später hingerichtet wurden. Es gab da speziell in Jabal Amil einige ganz große Fälle.

 

Also ich weiß schon, was ich schreibe ;) Bin zufällig grad in dieser Thematik momentan sehr drin...

 

 

Wassalam

  • Like 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

salam,

 

Freut mich das du weißt was du schreibst....

Natürlich gab es Fetvas von Lanet Selim und anderen Sultanen oder Gouvareneren der Provinzen. Wir wurden Kizilbas genannt, es gab auch andere Gruppierungen, wie Bektasis usw. wenn du dich so gut auskennst, nenne mir doch einen Shiiten der die Orthodoxe lehre verfolgte zu der Zeit aus Anatolien?

Pir Sultan Abdal und viele andere Große Geistliche wurden erhängt, waren aber anhänger des Alevitentums was du selber sagst. Der Safawiden Staat war selber sowie die Aleviten Shiiten, die Mystisch geprägt sind. Ich, finde es unfair gegenüber meinen vorfahren, die massig leiden mussten, all die Jahrhunderte aufeinmal, das Wort die Shiiten daraus wird und es mit denen aus Libanon oder sonstwo gleich gesetzt wird.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

#salam#

 

Und warum fühlst du dich jetzt bitte angegriffen? Schiiten wurden nun mal genauso verfolgt im Osmanischen Reich wie Aleviten. Vielleicht findest du es unfair, wenn ich von verfolgten Schiiten spreche, aber vielleicht finde ich es unfair, dass man die verfolgten Schiiten sonst gerne mal vergisst?

 

Ostanatolien gehörte bis zur Schlacht von Caldiran 1514 zum Iran und war in großen Teilen auch dementsprechend geprägt. Neben der mystischen Ausformung der Shia - die wir heute Alevitentum nennen, darunter Kizilbas, Bektasis und andere kleinere Orden - gab es durchaus viele Schiiten dort. Aber Caldiran hatte Auswirkungen, mit denen damals vielleicht kaum einer gerechnet hätte. Es hatte Auswirkungen auf die Entwicklung des Alevitentums, das gezwungen war, sich zurück zu ziehen, Lehren hinter vorgehaltener Hand weiterzugeben, nichts aufzuschreiben etc. Alles Andere hätte sie in Lebensgefahr bringen können. Den "normalen" Schiiten ging es aber auch nicht besser. Wer konnte, floh in den Iran. Wer es nicht konnte, dem blieben unter Selim genau zwei Möglichkeiten: Zwangskonversion zum Sunnitentum oder Tod. So war es nun mal. Da soll mir einer sagen, Schiiten hatten nicht zu leiden, ihnen gings doch genauso wie den Aleviten...

 

Dass keine namhaften Gelehrten aus der Zeit in Anatolien bekannt sind, ist gar nicht mal so verwunderlich. Die schiitischen Gelehrtenzentren waren auch damals die Heiligtümer im Irak, da konnten sie noch am ehesten wirken, sowie Jabal Amil im Libanon. Aber selbst da standen sie permanent in Lebensgefahr, ein falsches Wort konnte sie den Kopf kosten. In Anatolien hatten sie schlicht und ergreifend aufgrund der Repressalien der Herrscher gar keine Möglichkeit, große Gelehrsamkeit zu erreichen. Das heißt aber noch lange nicht, dass es keine Schiiten in Anatolien gab! Und du verlangst doch nicht wirklich, dass ich dir jetzt ne Namensliste von Schiiten in Ostanatolien zu Beginn des 16. Jahrhunderts gebe oder? Sorry, aber Volkszählungsakten aus dem Osmanischen Reich sind mir nicht zugänglich... Dass es sie gab, ist aber unter anderem durch Reiseberichte, Chroniken etc. belegt.

 

Dass Aleviten eine verdammt lange Leidensgeschichte hinter sich haben, streitet keiner ab. Aber es waren eben nicht nur die Kizilbas und Bektasi, die zu leiden hatten, sondern auch die normalen Schiiten, aber daran denkt ja keiner, wahrscheinlich waren sie nicht so wichtig oder sowas. Vielleicht weil die schiitische Orthodoxie die Kizilbas damals gerne als Ghullat bezeichnete, das kann man ja durchaus persönlich nehmen.

 

Das Safawidenreich war übrigens eben nicht mystisch geprägt. Das mystische Erbe seiner Vorfahren hielt noch bei Shah Ismail (aber nur bei ihm persönlich, ansonsten war da nicht mehr viel mit Mystik), aber sogar schon in seiner Zeit, und nach ihm noch sehr viel mehr, kam man eher ab von der Mystik und es wickelte sich das, was wir auch heute vorfinden. Man näherte sich eher der Orthodoxie wieder an, was nicht zuletzt dem Einfluss der Gelehrten aus Jabal Amil und dem Irak zu verdanken war. Es entwickelte sich unter den Safawiden schon sehr früh eine relativ strikte Gelehrtenhierarchie mit zugewiesenen Verantwortungsbereichen etc pp - und man war sich ziemlich einig mit der Orthodoxie. Es gab höchstens mal son paar Querelen zwischen Usulis und Akhbaris, aber die (sufistische) Mystik (die Safawiden waren ja eigentlich ein schiitischer Sufi-Orden, da ist diese Entwicklung an sich ganz spannend) verschwand, um nicht zu sagen sie wurde verbannt. Sie musste sich so ne Art Deckmantel zulegen, um im Iran überleben zu können, und so entstand eine bedeutende Schule der Philosophie und Theosophie im Iran.

 

 

Man sollte die Geschichte nicht so sehen, wie man sie sehen will, nur weil man persönlich emotionale Verknüpfungen hat. Geschichte ist Geschichte, das sind auch Fakten. Bei allem Verständnis für - durchaus begründete - Subjektivität darf man auch die Objektivität nicht zu sehr vernachlässigen. Ich kann verstehen, dass man die eine oder andere Sache anders auslegt als andere. Ich kann auch sunnitische Türken irgendwo verstehen, wenn sie ihr tolles Osmanisches Reich in den Himmel loben, denn aus ihrer subjektiven Sicht war es vielleicht wirklich toll. Da fehlt dann einfach ne differenziertere Betrachtungsweise.

 

Differenziert betrachten sollten eben nicht nur Täter, sondern durchaus auch Opfer. Man könnte mir jetzt einen Widerspruch vorwerfen, weil ich hier so eindeutig für Schiiten Partei ergriffen habe. Das hat aber eher wenig mit meiner subjektiven Sicht zu tun, sondern damit, dass ich dafür bin, auch solche Fakten nicht zu vernachlässigen, die meistens vergessen werden. Ich hätte genauso mit der Verfolgung anderer Bevölkerungsgruppen kommen können (Armenier, Juden, Kurden... - das sind ja alles keine Probleme des 20. Jahrhunderts, sondern schon ewig alte), aber hier stehen eben ausnahmsweise mal die Schiiten im Mittelpunkt.

 

 

Ich setze mich ja nun wirklich bei fast jeder Gelegenheit für Aleviten ein, wenn man mal wieder auf ihnen rumhackt. Aber an dieser Stelle muss ich auch mal sagen, dass sie nicht die einzigen Opfer osmanischer Machtgier waren.

 

 

Wassalam

  • Like 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Deine Meinung

Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Benutzerkonto hast, melde Dich bitte an, um mit Deinem Konto zu schreiben.
Hinweis: Dein Beitrag muss vom Moderator freigeschaltet werden, bevor er sichtbar wird.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

  • Wer ist Online   0 Benutzer

    • Keine registrierten Benutzer online.
×
×
  • Neu erstellen...