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Wilfried Buchta: Schiiten


André

Empfohlene Beiträge

Die trauernden Anhänger Alis

Wilfried Buchta versammelt auf kleinem Raum viele Informationen über die Schiiten.

 

Es ist nur eine kleine, dafür aber um so kompaktere Handreichung, die Wilfried Buchta mit diesem Bändchen vorlegt. Auf nur 128 Seiten beschreibt der Autor alles vordergründig Wissenswerte über die Schia, jene islamische Konfession, die etwa zehn bis zwölf Prozent der 1,3 Milliarden Muslime ausmacht und nach dem Sturz Saddam Husseins im Irak eine wichtige Rolle spielen wird. Darüber hinaus erleben die Schiiten schon seit geraumer Zeit eine Renaissance ihrer Glaubensgemeinschaft, die in die siebziger Jahre zurückreicht und von vielen nicht mehr erwartet worden war.

 

Der Orientalist Buchta ist ein Spezialist für die Schia, vor allem im 20. Jahrhundert. In früheren Büchern hat er sich mit der Islamischen Revolution Ajatollah Chomeinis und mit den Verhältnissen in der von diesem begründeten Islamischen Republik Iran beschäftigt. Der Zweck des Bändchens ist es ganz offenkundig, dem interessierten Laien, aber auch dem Lehrer, Journalisten und anderen Kommunikatoren zu Grundkenntnissen über diese so wichtige und interessante Konfession des Islams zu verhelfen. In den Anmerkungen findet der Leser dann Hinweise auf umfassendere und gründlichere Darstellungen der historischen und zeitgenössischen Schia.

 

Die Entstehung des Schiismus aus den Machtkämpfen unmittelbar nach dem Tod des Propheten Mohammed, die frühe Märtyrer-Geschichte dieser Bewegung, die Folge der zwölf schiitischen Imame und ihr Schicksal, die Herausbildung religiöser und religionsgesetzlicher Formen, die sich vom sunnitischen Mehrheitsislam unterscheiden, schließlich die Abfolge schiitischer Dynastien und ihres prägenden Einflusses vor allem in Iran - das sind die Hauptthemen des Bändchens.

 

Besonderes Augenmerk richtet Buchta auf das Herrscherhaus der Safawiden, das aus Aserbaidschan stammte und einen Sufi-Orden anführte, den der bekannte Scheich Safi al Din aus Ardabil gegründet hatte. Im Jahre 1501 überrollten die Safawiden unter Schah Ismail Iran und führten dort die Schia als Staatsreligion ein; sie ist es bis heute geblieben. Die Herrschaft der Safawiden, die nach einer Zeit der Wirren von den Qadscharen abgelöst wurden, hat Iran durch ihre exklusive Stellung und durch ihre behauptete Herkunft vom siebten Imam Musa al Kazim tief geprägt und auch einen bedeutenden Einfluß auf die Entwicklung des Schiitentums überhaupt ausgeübt. Ohne Kenntnisse über diese Epoche der iranischen Geschichte können auch die jüngeren und jüngsten Ereignisse in Iran wie im Irak nicht verstanden werden.

 

In safawidischer Zeit begann sich auch jener hierarchisierte schiitische Klerus herauszubilden, der vom einfachen, recht ungelehrten Dorfmullah bis zum Großajatollah reicht und dessen endgültige Verfestigung im 19. Jahrhundert Platz griff. Diese Entwicklung vollzog sich in Iran ebenso wie im Irak, dem eigentlichen Kernland des Schiismus. Buchta macht den Leser mit einigen der wichtigsten Gelehrten bekannt, die in Nadschaf, Kerbela, Qom (Ghom) oder Maschhad sowie an anderen zentralen Orten des schiitischen Bekenntnisses eine umfassende Wirkung in Studium und Lehre, doch auch im öffentlichen Leben entfalteten. Der Schia im 19. Jahrhundert ist ebenso ein eigener Abschnitt gewidmet wie der schiitischen Volksfrömmigkeit und den - teilweise beträchtlichen - Unterschieden zur sunnitischen Konfession. Dies gilt für die Imam-Lehre der Schiiten und ihre Überlieferung mittels sogenannter Imam-Hadithe ebenso wie für die alljährlich wiederkehrenden kollektiven Trauerriten und ihre historisch-religiösen Hintergründe, die gerade heute wieder an den heiligen Stätten eine Wiedergeburt erleben.

 

Das letzte Drittel des Buches bringt eine kleine Geschichte des "Gottesstaates" Iran, das heißt die Revolutionierung des Schia-Islams durch Ajatollah Chomeini (und seine Vorgänger), sowie einen Überblick über die gegenwärtigen Verhältnisse der Schiiten im Irak. (FAZ)

 

 

KLAPPENTEXT

Die Schiiten sind eine Minderheit unter den Muslimen und wurden als solche häufig unterdrückt. Durch ihre starke politische Rolle im nahen und Mittleren Osten bestimmen sie in den Medien aber oft das Bild von der islamischen Welt. Welche religiösen Vorstellungen beinhaltet der schiitische Islam? Inwiefern betätigen sich die Schiiten politisch? Welche Rolle spielen sie in einem Land wie dem Irak?

 

Diederichs Verlag, München 2004
ISBN 9783720524919
Taschenbuch, 128 Seiten

 

 

Rezensionsnotiz Neue Zürcher Zeitung

Als "exzellente Einführung" würdigt Ludwig Watzal diesen kompakten Band des Islamwissenschaftlers Wilfried Buchta, einen der "besten Kenner" der Schia und Irans. Wie Watzal berichtet, schildert der Autor nicht nur Geschichte, Ideen- und Glaubenswelt des Schiismus, sondern arbeitet auch die sozialen und politischen Strömungen in der von Arabern und Iranern dominierten Welt heraus. Er hebt hervor, dass Buchta dabei mit einigen weitverbreiteten Vorurteilen und Missverständnissen über die Schiiten, die im Westen einen schlechten Ruf haben, aufräumt: etwa mit der Auffassung, die Schia sei nur eine spezifische Spielart des iranischen Islam. Insgesamt ist es dem Autor nach Einschätzung Watzals gelungen, eine Geschichte der Schia zu schreiben, die von der Urgemeinde in Medina über die Spaltung zwischen Sunna und Schia, die zwölf Imame der Schia und das Konzept der "Großen Verborgenheit", über die Volksfrömmigkeit und Theologie in Iran bis zum "Gottesstaat Iran", zu seinen Grenzen und den Reformmöglichkeiten reicht.

 

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ich kenne das Buch, und es ist nicht empfehlenswert, um die Schia zu verstehen. Besser ist es schon, von schiitischen Gelehrten selbst z ulesen, wenn man die Schia kennenlernen will, nicht von westlichen Orientalisten.

 

"Die Schia im Islam" von Allamah Tabataba´i ist da besser. Man kann es im Islamischen Zentrum Hamburg kaufen.

 

Dieses ist auch sehr gut:

 

http://www.m-haditec-verlag.de/Literatur/Historische-Werke/Al-Muradscha-at---Die-Konsultation.html

 

wasalam.gif

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  • 2 Monate später...

Salam ich habe das buch und fand es nicht übel. Klar muss man gewisse dinge kritisch sehen, aber ich finde es auch mal gut eine neutrale Sichtweise kennenzulernen . Sowas schadet nicht immer und kann helfen auch Aspekte der eigenen seite kritisch zu betrachten.

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Salam ich habe das buch und fand es nicht übel. Klar muss man gewisse dinge kritisch sehen, aber ich finde es auch mal gut eine neutrale Sichtweise kennenzulernen . Sowas schadet nicht immer und kann helfen auch Aspekte der eigenen seite kritisch zu betrachten.

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