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Mu'awiya ibn Abi Sufyan, der erste umayyadische Kalif und Dynastiegründer


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Im Namen des Allerbarmers

 

Der folgende Text befasst sich mit der Person Mu'awiya ibn Abi Sufyan (l) und seine Rolle bei der Dynastiegründung der Umayyaden.

Mu'awiya ibn Abi Sufyan war ein Gefährte des Propheten Muhammad (saas) und später der erste umayyadische Kalif und der Gründer der Umayyadendynastie in Damaskus. Er war der Kontrahent und Erzfeind Alis (as) im ersten islamischen Bürgerkrieg.Nach der Ermordung Alis im Jahr 661 beanspruchte Mu'awiya das Kalifat für sich und regierte bis 680.

 

1.Kindheit und Jugend

 

Mu'awiya wurde um ca. 602 n. Chr. in Mekka geboren und starb im Jahr 680 n. Chr. im Alter von 78 Jahren in Damaskus. Die Sippe der Abd ash-Shams, in die Mu'awiya hineingeboren wurde, war die reichste und mächtigste in ganz Mekka. Sie betrieb Handesltätigkeiten in Syrien und anderen arabischen Ländern. Mu'awiya nahm in seiner vorislamischen Jugendzeit als junger Geschäftsmann an Handelsreisen teil, so dass er fremde Länder, Sitten, Lebens- und Regierungsweisen kennenlernen konnte. Er half seinem Vater bei den Handelstätigkeiten und verfügte über Schreibkenntnisse die für Handelsverträge notwendig waren. Aufgrund ihrer herausgehobenen sozialen Stellung als einflussreichste Familie in Mekka mit einer wichtigen Wirtschaftskraft und einer Führungsaufgabe, die in der auf Clans basierenden Aristokratie die wichtigste war, hatte die Familie Mu'awiyas in Mekka mit anderen hochrangigen Familien politische und wirtschaftliche Konflikte auszutragen. Diese Sonderstellung der Familie Mu'awiyas beeinflusste maßgeblich die Erziehung und Entwicklung seines politischen und sozialen Charakters und war eine Art Vorbereitung für seine zukünftige eigene politische Karriere. Die Familie Mu'awiyas behielt nach der Konversion zum Islam ihre vorislamischen Denk- und Lebensweisen bei und führte auch als Muslime das Leben von arabischen Adligen am familiären bzw. später königlichen Hof, mit nur minimaler Rücksichtnahme auf die neue Religion und der daraus entstandenen Gesellschaftsordnung. Bei der ersten ernsthaften militärischen Auseinandersetzung mit den Muslimen, als die Umayyaden noch keine Muslime waren, der Schlacht von Badr im Jahr 624, erlitten sie und die Mekkaner eine schwere Niederlage und mussten sich ergeben. Durch diese Niederlage verlor Abu Sufyan, der Vater Mu'awiyas, seine Führungsrolle, die er vorher durch Kämpfe gegen den Islam errungen hatte. Bei seinem intensiven Einsatz gegen den Islam hatte er nicht nur die Führerschaft seines eigenen Clans errungen, sondern auch die Führung des gesamten mekkanischen Clanbundes. Aus diesem Grund war sein Verlust nicht nur eine einfache militärische Niederlage. Mu'awiyas Familie blieb nichts weiter übrig, als den Islam anzunehmen, wenn auch nur aus Opportunismus. Insgeheim hoffte sie auf einen schwachen Moment der Muslime, um eventuell doch noch die Macht wiederzuerlangen. Als Kind und Jugendlicher erlebte Mu'awiya den Existenzkampf zwischen dem Islam und den Vertretern der alten arabisch-heidnischen Stammesaristokratien.

 

2. Mu'awiya nach seiner Konversion zum Islam

 

Nach seiner Konversion zum Islam übte Mu'awiya gelegentlich eine Tätigkeit als Schreiber des Propheten (saas) aus, wobei er die Korrespondenz mit den arabischen Stämmen führte. Durch diese Aufgabe konnte Mu'awiya weitere politische Erfharungen sammeln und dem Propheten (saas) nahe sein, um vielleicht befördert werden zu können. Der Prophet (saas) seinerseits duldete ihn als seinen Sekretär, um seine soziale und religiöse Akzeptanz und seine Güte gegenüber den führenden mekkanischen Sippen zu signalisieren und sie im Dienst des Islam zu fördern. Die Familie Mu'awiyas wollte ebenfalls, dass ihr Sohn das Vertrauen des Propheten (saas) erwerbe und Karriere mache. Diese Sekretärtätigkeit blieb Mu'awiyas einzige Aufgabe in der islamischen Verwaltung zu Lebzeiten des Propheten (saas). Die wohlwollende Haltung des Propheten (saas) gegenüber seiner ehemaligen Feinde war erzieherischer Natur. Er vesuchte sie in die islamische Gesellschaft zu integrieren, ohne ihnen einen permanenten Sonderstatus zu verleihen, wie sie ihn vor dem Islam genossen hatten. Der Prophet (saas) machte ihnen sowohl materielle, als auch Amtszuwendungen, damit sie sich schneller und besser mit dem Islam identifizieren konnten. Auf diese Weise wollte der er (saas)die Umayya Sippe für ihre hohen materiellen Verluste, die sie während der Niederlage gegen die Muslime erleiden mussten, entschädigen und sie in die neue islamische Gesellschaft eingliedern. Zu Lebzeiten Muhammads (saas) hatte Mu'awiya keine führenden militärischen Aufgaben.

 

3.Abstammung und dessen politische Bedeutung

 

Um zu verstehen, wer Mu'awiya war und wie er an die Macht kam, muss verstanden werden welche Position er durch seine Abstammung im politischen Geschehen einnahm. Seine Macht wuchs als er, als Repräsentant der Umayyaden, den Mord an seinem Cousin Uthman (dem dritten Kalifen) rächen wollte. Auch in seinem Erfolg als erster umayyadischer Kalif, war er auf den Clan der Umayya angewiesen. Ohne die Unterstützung dieses mächtigen Clans wäre Mu'awiya wohl kaum an die Macht gekommen und dessen war er sich auch bewusst, denn nicht umsonst forderte er, im Namen der Banu Umayya das Tribut für den ermordeten Uthman. Er sicherte sich damit deren Unterstützung für seinen Machtanspruch ans Kalifat. Mit der Forderung den Tod Uthmans zu rächen, stellte er sich dann auch gegen Ali, wissend, dass ihm die Unterstützung des gesamten Clans sicher war. Die Ereignisse in Mu'awiyas Karriere und die Ursachen und Gründe dafür sind in seiner Abstammung zu suchen. Sein Vater Abu Sufyan und seine Nachkommen sind bekannt als Banu Harb (Harb hieß der Vater von Abu Sufyan) oder als Sufyaniden. Abu Sufyan hatte mit Hind bint Utba zwei Söhne (Mu'awiya und Yazid) und eine Tochter (Umm Habiba). Die Sufyaniden spielten in Syrien für 200 Jahre politisch und kulturell eine große Rolle. Umm Habiba spiegelt die wichtige Rolle der Tochter innerhalb einer Sippe wider. Sie heiratete den Propheten Muhammad, um das politische Band zwischen ihrer und seiner Familie zu verknüpfen.

 

"A daughter remained a full member of her family - In a sense she was always her father's daughter more than her husband's wife - but lived in her husband's household and any children she had by him (though in Umm Habiba's case there were none) would be counterpart of his line."

 

Die Familienverknüpfungen durch Mutter, Ehefrau oder Tochter konnten sehr wichtig sein für die Vernetzung von politischen und sozialen Allianzen, verloren ihren Status jedoch nach einer Generation. Die väterliche Abstammung war hingegen ein permanenter Teil der persönlichen Identität. Der Großvater Abu Sufyans, Umayya, gab der Banu Umayya oder den Umayyaden seinen Namen. Diese Gruppe besteht nicht nur aus Abu Sufyan und seinen Nachkommen, sondern auch aus einer zweiten Nachkommenschaft, den Söhnen von Abu al-'As ibn Umayya. Diese zweite Nachkommenschaft spielte ebenfalls eine zentrale Rolle in der frühislamischen Geschichte.

 

"Abu al-al-'As had two grandsons who became caliphs: the third caliph, Uthman ibn 'Affan ibn Abi al-'As ibn Ummayya, whose murder set off the first civil war and divided the muslim community up to the present day, and Marwan ibn al-Hakam ibn Abi al-'As ibn Ummayya (caliph from 684 - 85), who reestablished Umayyad power ()."

 

Mu'awiya war also der Cousin von Uthman und Marwan. Manchmal werden die Umayyaden nach Umayyas Vater, Abd ash-Shams benannt, weil dieser Name eine politische Spaltung im Stamm der Quraysh symbolisiert. 'Abd ash-Shams war der Bruder Hashims, also der Patriarch der Prophetenfamilie. Als nun Muhammad mit seiner Proklamation als Prophet begann, wurden die Banu Hashim und die Banu 'Abd ash-Shams erbitterte Rivalen und Feinde.

 

Zu Zeiten des Islams wurde die Nachkommenschaft der 'Abd ash-Shams als Feind Gottes und des Propheten gesehen. Da die Umayyaden und die Banu Hashim in 'Abd Manaf einen gemeinsamen Vorfahr hatten, nutzten die Umayyaden diese Tatsache, um ihre Verwandtschaft zum Propheten geltend zu machen. Dies scheiterte oft an der Glaubwürdigkeit der Umayyaden, da sie anfangs zu den erbitterten Feinden des Propheten und des Islams zählten. Die bittersten und blutigsten Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden Nachkommenschaften waren zwischen Mu'awiya und Ali in erster Instanz und dann später zwischen den Umayyaden und den Schiiten.

 

Quelle und Zitate aus: R.Stephen Humphreys "Mu'awiya ibn Abi Sufyan",Oxford,2006.

 

Anmerkung von mir, Humphreys nutzt, wie die meisten Orientalisten, Tabaris und Baladhuris Geschichtswerke.Die obige Abhandlung basiert also auf rein sunnitischen Geschichtsquellen.

 

Fi aman illah

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Surah Al-Isra
"Und Wir sprachen da zu dir: ""Dein Herr umfaßt die Menschen."" Und Wir haben die (Himmels-) Besichtigung, die Wir dir ermöglicht haben, nur als eine Prüfung für die Menschen gemacht und ebenso den verfluchten Baum im Qur`an. Und Wir warnen sie, jedoch es bestärkt sie nur noch in ihrer großen Ruchlosigkeit. (60)

Seine Gelehrten interpretierten den Vers folgendermaßen:

Muhammad (s.) sah die Bani Umayya in seinem Traum zum Minbar hinaufsteigen wie Affen und er (s.) interpretierte den "verfluchten Baum" wie folgt: Damit sind die Bani Umayya gemeint.

Quellen: Tareek al Tabari, Band 8, Seite 185
Dour al Manthor, Band 4, Seite 191
Fateh al Qadir, Band 3, Seite 240

 

http://www.shia-forum.de/index.php?/topic/57539-sayyid-husseini-der-muawiyya-l-folgt-und-imam-hussein-a-einen-fehler-vorwirft/?p=464753

 

Wer Muawiyya (l.) in Schutz nimmt, der stellt sich gegen den Propheten Muhammad (s.). Wer Muawiyya (l.) verflucht, der führt eine Sunnah des Propheten (s.) aus.

 

Der umayyadische Islam existiert unverändert. Heute nennt er sich Salafismus und er ist weiterhin eine große Bedrohung für die Ummah.

 

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Bismillah

 

4. Mu'awiya wird Kalif (661-680)

 

Der Konflikt zwischen Mu'awiya(la) und dem vierten Kalifen kam zu einem plötzlichen Ende, als Ali (as) im Jahr 661 vor der Moschee in Kufa von dem Kharijiten ibn Muljam (la)attackiert wurde und zwei Tage später seinen schweren Verletzungen erlag.

Mu'awiya war nun der einzige potentielle Rivale um das Kalifat, denn der ältere Sohn Alis (as) und Fatimas (as) al-Hasan, musste sich aus dem Kampf herausziehen, mangels tatkräftiger Unterstützer, um sein Überleben und das seiner Familie und Anhängerschaft zu sichern.

Während seiner ganzen Regierungszeit betrieb Mu'awiya Krieg gegen die Römer, wie keiner seiner Nachfolger. Die Aufgabe seine Autorität im unterworfenen Irak zu festigen, überließ er dagegen seinen Statthaltern in Kufa und Basra.

Die Rache für Uthmann war der Titel, worauf Mu'awiya sein Recht der Erbschaft gründete. Pietät war nicht sein Motiv. Er folgte auch nicht den Traditionen seines ermordeten Vorgängers, jedoch akzeptierte er das Resultat von dessen Regierung - nämlich die Herrschaft der Umayyaden. Jedoch verlieh er ihnen nicht die hohen Staatsposten. Seine hervorragenden Statthalter in den wichtigsten Provinzen waren keine Umayyaden und mit einer Ausnahme nicht mal Qurayshiten. Er hatte ein Auge dafür, wen er brauchen konnte und stellte ihn in seinen Dienst. Er wusste, wie er brauchbare Leute" gewinnen und für sich arbeiten lassen konnte, sogar wenn er ihnen misstraute, wie im Fall von 'Amr in Ägypten. Er hielt seine Statthalter an der langen Leine", d.h., er ließ ihnen genug Freiraum um selbständig zu agieren, ohne ihnen völlig freie Hand zu gewähren (solange sie erfolgreich waren).

 

Er war wesentlich Diplomat und Politiker, er ließ die Dinge reif werden und beschleunigte ihren Lauf nur gelegentlich, vielleicht unter Anwendung von etwas Gift."

 

Mu'awiya leugnete nie seine Herkunft aus dem Handelsstand. Ungern ließ er es auf Gewalt ankommen, den Irak hat er weniger erobert als erkauft. Wann immer er Konflikte mit Geld lösen konnte, zahlte er, um ans gewünschte Ziel zu gelangen. Mu'awiya starb am 18. April 680 und wurde beim kleinen Tor von Damaskus begraben.

 

5. Mu'awiyas Herrschaft

 

Nachdem Mu'awiya 661 Kalif wurde, regierte er ein geographisch und politisch nicht homogenes Gebiet, was sich von Ägypten bis Iran erstreckte. Beliebte Positionen in den aufstrebenden staatlichen Strukturen waren von Christen besetzt, die vorher dem byzantinischen Reich dienten. Die Beschäftigung von Christen war ein Teil der Politik Mu'awiyas, die notwendig war wegen der großen christlichen Bevölkerungsteile in den neu eroberten Provinzen, besonders in Syrien.

Diese Politik stärkte Syrien in seiner Macht. Mu'awiya richtete sogenannte diwane ein (im byzantinischen Stil geführte Verwaltungen), die ihm bei der Regierung und Zentralisierung des Imperiums halfen. Dazu gehörte unter anderem auch ein Post-Diwan (barid), welcher zu einer verbesserten Kommunikation innerhalb des Imperiums führte. Mu'awiya führte den Staat nicht mit einer komplexen zentralisierten Verwaltung, sondern mit Hilfe von Delegierten seines Vertrauens in den verschiedenen Provinzen. Er gab die Regeln seiner Politik vor, denen dann die Gouverneure zu folgen hatten. Wenn jemand entgegengesetzt handelte, wurde er abgesetzt. Durch Geld oder Verwandtschaft erlangte er die Loyalität der Statthalter.

Schon während seiner Gouverneurszeit in Damaskus begann er seine Verwaltung und Staatsführung nach der Art königlicher Höfe zu organisieren. Sein dynastischer Führungsstil wurde von der syrischen Bevölkerung leicht angenommen, weil ihnen die königliche Lebensweise vertraut war.

Vom Islam und der Lebensweise des Propheten (saas) hatten sie dagegen kaum eine Vorstellung. Auch wenn das islamische Heer Syrien erobern konnte, der Islam mit seinen religiösen Aspekten wurde nicht sofort übertragen. Die islamische Erziehung war in Syrien noch nicht stark genug. Aufgrund der militärischen Niederlage mussten die Byzantiner Syrien verlassen und die zurückgebliebenen Araber den Islam annehmen.Mit den ansässigen Christen wurden Schutzverträge (Dhimma) abgeschlossen.

Unter diesen politischen und sozialen Bedingungen entwickelte sich in Syrien kein tiefes islamisches Bewusstsein und damit auch keine Opposition gegen die dortigen Machthaber, als ihre Handlungen gegen die Grundregeln des Islam verstießen.

Die Angehörigen der Umayyasippe waren den Syrern als Handelsleute schon aus vorislamischer Zeit bekannt. Da der dritte Kalif und auch die Eroberer Syriens (u.a. Yazid und Mu'awiya) zu den Umayyaden zählten, sahen die Syrer sie als wichtige islamische Autoritäten an. Die massive Behinderung der Islamisierung durch Abu Sufyan und seine Familie waren ihnen nicht bekannt.

Mit der Machtübernahme durch Mu'awiya kam nicht nur irgendein Machtwechsel, sondern eine Änderung des Systems und der islamisch-politischen Organisation. Der Regierugnswechsel beeinflusste auch die Werte und Lebensformen der islamischen Gesellschaft. Er nannte sich trotzdem Kalif, um seine Position gegenüber seiner Kontrahenten nicht zu schwächen, denn eine offizielle Ablehnung des islamisch-politischen Systems hätte seine weltliche Macht erschüttert. Macht war für ihn eine unbeschränkte Gabe Allahs swt, d.h. er als Bevollmächtigter Allahs müsse nicht den früheren Kalifen folgen, sondern könne selbst bestimmen was Gesetz sei.

Seine Handlungen waren darauf konzentriert, die Erhaltung der Macht seiner Familie mit allen Mitteln abzusichern. Das islamische Gesetz hatte in Mu'awiyas Regierungshandlungen keinen Platz, da es nicht den Interessen seiner absoluten Macht diente. Offiziell konnte er das islamische Gesetz nicht ablehnen, weil sich unter den Arabern noch kein einheitlich nationales Bewusstsein enwickelt hatte. Der Islam war das stärkste Bindemittel für vefeindete Stämme. Mu'awiya sah in seiner säkulären und arabisierenden Politik die Garantie seiner Macht, während er die religiös politische Bewegung als Gefahr betrachtete.

 

 

6. Mu'awiya (la) und seine Opponenten

 

Die oppositionelle Hauptbewegung gegen Mu'awiya war und blieb der Irak. Nach dem Abkommen zwischen al-Hasan (as) und Mu'awiya im Jahr 661 huldigten die Muslime in allen Regionen, bis auf die Kharijiten, Mu'awiya. Dies bedeutete aber nicht, dass die Schiiten nicht mehr gegen die umayyadischen Machthaber opponierten. Aber die Partei Alis in Kufa hatte nach dem Abkommen keine Chance wieder als politisch und militärisch organisierte Gruppe gegen Mu'awiya zu kämpfen. Nach dem ca. fünfjährigen Bürgerkrieg während Alis (as) Kalifat waren die Iraker kriegsmüde geworden.

Mu'awiyas erster wichtiger politischer Mord gegen die schiitische Opposition nach seiner Kalifatsübernahme war die Vergiftung al-Hasans im Jahr 670 über die Vermittlung Marwans b. al-Hakam durch eine der Ehefrauen al-Hasans. Mu'awiya spürte, dass die Ermordung des Prophetenenkels tiefe Emotionen gegen ihn erzeugte und auch den Kampfgeist der Banu Hashim wach hielt. Aus diesem Grund versuchte er auch seinen Sohn Yazid mit der Enkelin der Prophetentochter Fatima zu verheiraten, was jedoch scheiterte. Mit diesem Versuch der Annäherung wollte er sein schiitenfeindliches Bild in der Öffentlichkeit korrigieren und auch eine Verwandtschaft zum Propheten für Yazid zu schaffen, um dessen Anerkenung als zukünftigen Kalif zu erlangen.

Mit der Vergiftung al-Hasans, der ihm die aktive Macht "überlassen" und danach keine militärische Aktivität gegen ihn durchgeführt hatte, beging er eine grausame Tat und büßte seine Glaubwürdigkeit auch bei vielen nicht- Schiiten ein.

Diese Tat zeigt, dass Mu'awiya sich vor der schiitischen Opposition fürchtete, aber er konnte sich auch von den Verpflichtungen des Abkommens zwischen ihm und al-Hasan automatisch befreien. Ohne die Ermordung al-Hasans hätte Mu'awiya seinen Sohn nicht als seinen Nachfolger designieren können.

Um die schiitische Oppositionsbewegung im Irak gänzlich zum Schweigen zu bringen, brauchte er einen brutalen und autoritären Statthalter für diese Region. Mu'awiya betrachtete Ziyad b. Abihi als geeignet und erlangte seine Kooperation durch hohe materielle Zuwendungen. So begann Mu'awiya Ziyad für seine Ziele zu nutzen und machte ihn zur Leitfigur bei seinem Vorgehen gegen die Opposition.

Obwohl eine Bedingung des Abkommens zwischen al-Hasan und Mu'awiya den Schutz der Schiiten und ahl al-bayt vor verbalen und militärischen Angriffen garantierte, wurde Ali in den Moscheen von Kufa und Basra verflucht. Einzelne religiöse Respektpersonen die Einwände erhoben gegen die Verfluchungen, wurden mit Geldgeschenken zu Schweigen gebracht. Mu'awiya nutzte staatliche Auszahlungen nicht nur für militärische Zwecke, sondern auch, um sich politischen Gehorsam zu erkaufen. Diese einzelnen Reaktionen gegen die umayyadische Herrschaft waren keine wirkliche Gefahr für ihn.

Um die Schiiten als Opposition zu vernichten brauchte er Zeit, um seinen staatlichen Machtapparat zu stärken. Durch Ziyad entstand im Irak eine wirksame Organisation von Sicherheitskräften und Polizei, die aus Irakern bestand. Er begann 670 damit systematisch mit Hilfe der Exekutive, die Schiiten zu unterdrücken und gegebenenfalls zu vernichten. Ziyad verkündete offiziell seine Politik gegen die Opposition und drohte bei einem möglichen Aufstand mit dem Tod. Schiitensympathisanten ließ er öffentlich hinrichten, um eine Abschreckung der Massen zu erzielen. Neben diesen Unterdrückungsmaßnahmen versuchte Ziyad auch durch hohe Auszahlungen die Iraker an den Staat zu binden. Durch weitere wirtschaftliche und soziale Maßnahmen, die er durchführte, konnte er seine Positon stärken. Er gründete eine Leibgarde (al-Haras) zu seinem Schutz. Versammlungs- und Ausgangssperren wurden erlassen, um jegliche politische Versammlungen im Keim zu ersticken.

Ziyad schuf einen Polizeistaat mit dem er Angst und Schrecken verbreitete. Er wollte die ordnungsschaffende und unbesiegbare Autorität des Staates - und die des Kalifen - repräsentieren.

Die Methoden zur Bekämpfung von Kriminalität entsprachen nicht denen des islamischen Rechts. Es herrschte eine Repräsentation der unterdrückenden, unberechenbaren staatlichen Gewalt. Für die irakischen Muslime waren die Umayyaden deshalb eine Besatzungsmacht aus Syrien, die sich wie ein Sieger im Irak verhielt und zur Festigung ihrer Macht den staatlichen Gewaltapparat einsetzte. Die Hinrichtungen vieler Regimegegner durch die Beamten Mu'awiyas deuten auf eine militärische Säuberung in den Oppositionsreihen hin.

Nach dem Tod al-Hasans begann Mu'awiya damit für seinen Sohn Yazid (la) die Thronnachfolge abzusichern. Er übte massiven Druck auf die Muslime aus und zahlte wiederholt hohe Zuwendungen, um die Huldigung für seinen unbeliebten Sohn zu erlangen. Er bezahlte auch viele Dichter und Redner damit sie öffentliche Lobesreden hielten und positive Gedichte über den Kalifen und seinen Sohn verfassten. Er zahlte einmal mehr für diesen Zweck mit Geldern aus der Staatskasse, denn neben der militärischen Gewalt, waren auch Dichtungen und Reden ein politisches Instrument gegen seine Opponenten. Man kann sagen das Mu'awiya die politische Dichtkunst, die in seinem politischen Sinne war, förderte und bezahlte, um sein Ansehen und das seines Sohnes zu steigern. Eine weitere Strategie zur Bekämpfung der irakischen Schiiten war es, sie umzusiedeln, um sie vom Zentrum der Opposition fernzuhalten und sie mit dem ihnen neu geschenkten Land ihren Gehorsam zu erlangen. Da sie oft in Grenzgebiete umgesiedelt wurden, mussten sie ihre Aufmerksamkeit auf den ständigen Druck und die Attacken der angrenzenden Staaten lenken. So blieb keine Zeit sich innenpolitisch zu engagieren.

Neben den Schiiten waren es die Kharijiten als politisch-religiöse Gruppe, die Mu'awiya und seinen Beamten sowohl militärisch als auch politisch das Leben schwer machte. Zunächst versuchte Mu'awiya mit Hilfe der Shi'at Alis die Kharijiten zu bekämpfen, die weder die Schiiten noch die Umayyadenpartei als politische Vertreter des wahren Islam ansahen. Doch al-Hasan lehnte es ab gegen sie zu kämpfen und Mu'awiya zu helfen. Da Mu'awiya die Kharijiten nicht nur mit dem syrischen Heer zerschlagen konnte, versuchte er nun die Iraker zu mobilisieren. Mu'awiya wollte die syrische Armee nur im Notfall einsetzen, um deren militärische Disziplin und ihren blinden Gehorsam ihm gegenüber nicht zu verlieren. Er drohte den Kufiern damit, dass er ihnen keine materiellen Zuwendungen oder militärische Sicherheit zukommen lassen würde, wenn sie nicht gegen die Kharijiten kämpfen würden. Auf diesem Weg zwang er die Kufier mit Geld und Gewalt zum Kampf gegen die Aufständler und konnte sie so fast vernichten. Die Kämpfe zwische Kharijiten und Umayyaden gingen nach Mu'awiyas Regierungszeit zwar weiter, aber am Schluss wurden sie besiegt und viele von ihnen inhaftiert, gefoltert oder verbrannt.

 

7. Dynastiegründung durch Mu'awiya

 

Durch die Vergiftung al-Hasans ebenete Mu'awiya den Weg zum Kalifat für seinen Sohn Yazid. Kurz nach der Ermordung al-Hasans begann Mu'awiya damit, die Huldigung für Yazid in allen islamischen Regionen durchzusetzen. Für die Huldigung in Mekka und Medina sorgte er sogar persönlich. Trotz aller Morddrohungen konnte er jedoch u.a. Husayn Ibn Ali und Abdallah Ibn az-Zubayr nicht zur Huldigung Yazids zwingen. Diese Verweigerungen waren wegen des enormen Drucks Mu'wiyas Einzelfälle.

Die Syrer huldigten problemlos, da sie sich von der Macht in Damaskus gut versorgt fühlten. Sie wollten vermeiden, dass nach Mu'awiyas Tod die Macht an den Hijaz oder den Irak fallen würde. Daher plädierten sie dafür, dass Mu'awiya die Nachfolgerproblematik schon zu seinen Lebzeiten lösen sollte. Ein neuer Kampf um Macht nach Mu'awiyas Tod hätte sie nur ihr Geld und Blut gekostet. Da Yazid nicht so beliebt und "politisch geschickt" war wie sein Vater, musste der Weg zur Macht schon gesichert sein. Die Vergiftungen des wichtigen potentiellen Kalifatsanwärter al Hasan war eine Wegbereitung für die Nachfolge Yazids, der laut Vertrag zwischen al -Hasan und Mu'awiya nicht Kalif werden durfte.

Auch die Ernennung Yazids zum Führer der Armee, die im Jahr 668 Istanbul belagerte, sollte dazu beitragen, dass er als zukünftiger Herrscher zu betrachten sei. Hier nutzte Mu'awiya die Armee als Instrument zur Erhaltung der Macht und des politischen Ansehens seiner Familie. Entscheidend aber für die Huldigung Yazids waren die Unterstützung Syriens und seines Vaters. Auch die politische und militärische Verfassung des islamischen Reiches war günstig, denn die islamische Welt war noch nicht bereit für einen neuen Kampf um das Kalifat. Die militärische und auch finanzielle Macht Mu'awiyas aber auch seine "politische Geschicklichkeit" ließen den anti-dynastischen Kräften keine Gelegenheit zur Aufkeimung. Die Söhne der Prophetengefährten, die die Huldigung Yazids verweigert hatten, fanden unter der verängstigten Bevölkerung keine ernsthafte Gefolgschaft. Diese Tatsache war für Mu'awiya eine große Erleichterung, so war der Weg frei für seinen Sohn als sein Nachfolger. Nachdem Mu'awiya die Huldigung für Yazid im Machtzentrum Syrien verwirklichte, wollte er sie zu Beginn im Irak realisieren, da sich dort, durch die Anhänger Husayns, die größte Gefahr von Widerstand befand. Die letzte Huldigung wurde gleich nach der Beerdigung Mu'awiyas in Damaskus durchgeführt. Bei den Durchführungen zahlreicher Huldigungen zu seinen Lebzeiten spielten auch die großzügigen Geldschenkungen eine Rolle. Diese Huldigung bedeutete für ihn seine familiären Interessen für die Untertanen verbindlich zu machen. Die Militär- und Finanzmacht garantierten die Macht des Herrschers, nicht das Wohl der Bevölkerung. Mit der Durchführung der Huldigung für Yazid durch seinen Vater wurde die dynastische Herrschaft bestätigt und mit dem Herrschaftsantritt Yazids unwiderruflich gefestigt.

 

Quellen und Zitate:wie oben und Julius Wellhausen "Das arabische Reich und sein Sturz" Berlin ,1902 (85 ff.), auch dieser Forscher nutzte die sunnitische Geschichtsquellen wie Tabari, Baladhuri.

 

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