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"Heil" durch Glaube und/oder Taten?


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(eigener Text, Quellennennung, Zitate, Fragen)

 

Im Christentum gibt es biblisch fundiert vor allem zwei Standpunkte wie man das "Heil" erlangen kann bzw wie man vor Gott gerechtfertigt sein kann also Eintritt hat in Gottes Reich (was auch immer das genau bedeuten mag).

Der eine Standpunkt wird den Paulusbriefen entnommen und besagt dass der Mensch alleine durch den Glauben (in dem Fall an Jesus Christus) gerechtfertigt wird.

Galater 2,15 "Wir sind gekommen um an Jesus Christus zu glauben, damit wir durch den Glauben an Christus gerechtfertigt werden und nicht durch das Tun der Werke des Gesetzes, weil niemand durch die Werke des Gesetzes gerechtfertigt wird."

Römer 3,28 "Denn wir sind der Überzeugung, dass der Mensch gerecht wird durch Glauben, unabhängig von Werken des Gesetzes."

Römer 4,4 "Dem, der Werke tut, werden diese nicht aus Gnade angerechnet, sondern er bekommt den Lohn, der ihm zusteht. Dem aber, der keine Werke tut, sondern an den glaubt, der den Gottlosen gerecht macht, dem wird sein Glaube als Gerechtigkeit unabhängig von Werken angerechnet."

Galater 2,21 "Ich missachte die Gnade Gottes in keiner Weise; denn käme die Gerechtigkeit durch das Gesetz, so wäre Christus vergeblich gestorben."

Galater 3,6-7 "Von Abraham wird gesagt: Er glaubte Gott, und das wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet. Daran erkennt ihr, dass nur die, die glauben, Abrahams Söhne sind."

 

Meinem Verständnis nach ging es Paulus vor allem darum darzustellen dass niemand sich perfekt an alle Gesetze des AT halten kann und demnach niemand "gerecht" wäre. Dadurch aber dass seiner Meinung nach Jesus die Menschen vom Erfüllen der Gesetze (bis auf das Gebot "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.") "erlöst" hat und es nun alleine auf den Glauben an ihn ankommt macht er es den Menschen erst richtig möglich "gerecht" zu werden.

 

Der zweite Standpunkt wird im Matthäus-Evangelium deutlich, der Verfasser ist der Meinung dass man nur durch Taten gerecht wird bzw. indem man die jüdischen Gesetze einhält.

Matthäus 5,17-20 "Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen sei, um das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen, um aufzulösen, sondern um zu erfüllen! Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergangen sind, wird nicht ein Buchstabe noch ein einziges Strichlein vom Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist. Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und die Leute so lehrt, der wird der Kleinste genannt werden im Reich der Himmel; wer sie aber tut und lehrt, der wird groß genannt werden im Reich der Himmel.

Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit die der Schriftgelehrten und Pharisäer nicht weit übertrifft, so werdet ihr gar nicht in das Reich der Himmel eingehen!"

Matthäus, 25,31-46 "Wenn aber der Sohn des Menschen in seiner Herrlichkeit kommen wird und alle heiligen Engel mit ihm, dann wird er auf dem Thron seiner Herrlichkeit sitzen, und vor ihm werden alle Heidenvölker versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirte die Schafe von den Böcken scheidet, und er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zu seiner Linken.

Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, und erbt das Reich, das euch bereitet ist seit Grundlegung der Welt! Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeist; ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich bin ein Fremdling gewesen, und ihr habt mich beherbergt; ich bin ohne Kleidung gewesen, und ihr habt mich bekleidet; ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht; ich bin gefangen gewesen, und ihr seid zu mir gekommen. Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dich gespeist, oder durstig, und haben dir zu trinken gegeben?

Wann haben wir dich als Fremdling gesehen und haben dich beherbergt, oder ohne Kleidung, und haben dich bekleidet?

Wann haben wir dich krank gesehen oder im Gefängnis, und sind zu dir gekommen? Und der König wird ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan! Dann wird er auch denen zur Linken sagen: Geht hinweg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist! Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich nicht gespeist; ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir nicht zu trinken gegeben; ich bin ein Fremdling gewesen, und ihr habt mich nicht beherbergt; ohne Kleidung, und ihr habt mich nicht bekleidet; krank und gefangen, und ihr habt mich nicht besucht! Dann werden auch sie ihm antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder als Fremdling oder ohne Kleidung oder krank oder gefangen gesehen und haben dir nicht gedient? Dann wird er ihnen antworten: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr mir auch nicht getan! Und sie werden in die ewige Strafe hingehen, die Gerechten aber in das ewige Leben."

 

Wenn man jetzt einen Christen fragt welche Meinung er vertritt was man für die Erlangung des "Heils" tun muss, dann wird er meist über eine Mischung aus beidem reden. Leider sind diese beiden Standpunkte aber nicht miteinander vereinbar, so heißt es z.B in Galater 5,4 "Wenn ihr also durch das Gesetz gerecht werden wollt, dann habt ihr mit Christus nichts mehr zu tun; ihr seid aus der Gnade herausgefallen." Mich interessiert zum einen der Standpunkt der hier im Forum vertretenen Christen; denn vertritt man die erste Meinung kann man sein ganzes Leben tun was man will, solange man vor dem Tod noch den Glauben findet bzw. man sein Leben lang an ihn glaubt (Stichwort verlorener Sohn) und die guten Menschen die halt nicht an Jesus glauben, die haben hier keine Chance auf Heil. Bei letzterem Standpunkt hat jeder Mensch die Möglichkeit in Gottes Reich zu kommen, und wird nur nach seinen Taten gerichtet, dort ist Jesus dann irgendwie "überflüssig" ähnlich wie in Galater 2,21 beschrieben.

 

Zum anderen interessiert mich natürlich der Standpunkt des Islam zu dieser Thematik, also worauf kommt es an? Auf den Glauben allein? Auf die Taten? Auf beides? Jede Möglichkeit hat ihre eigenen Vor- und Nachteile.

 

Ich selbst bin auf folgende Aussagen gestoßen:

"In einer Überlieferung heißt es: Das Gebet ist die wichtigste Tat in der Religion. Wenn es bei Allah angenommen wird, werden die anderen Taten auch angenommen. Wenn es aber nicht angenommen wird, werden die anderen Taten nicht angenommen. (aus "Warum soll ich denn beten? Nach der Lehre der Ahlulbayt, M. Taki Akbulak Seite 11-12, wird dort wohl zitiert aus Wasail-asch-Schia, B. 3, S. 22)

 

"Diejenigen, die glauben (d.h. die Muslime) und diejenigen, die dem Judentum angehören, und die Christen und die Sabier, - (alle) die, die an Gott und den jüngsten Tag glauben und tun, was recht ist, denen steht bei ihrem Herrn ihr Lohn zu, und sie brauchen (wegen des Gerichts) keine Angst zu haben, und sie werden (nach der Abrechnung am jüngsten Tag) nicht traurig sein." (Sura 2:62)

 

"Und sie (d.h. die Leute der Schrift) sagen: "Niemand wird ins Paradies eingehen außer denen, die Juden oder Christen sind. Das sind (nur) ihre (persönlichen) Wünsche. Sag: Bringt doch euren Beweis vor, wenn (anders) ihr die Wahrheit sagt! Aber nein! Wer (auch immer) sich Gott ergibt und dabei rechtschaffen ist, dem steht bei seinem Herrn sein Lohn zu. Und sie brauchen (wegen des Gerichts) keine Angst zu haben, und sie werden nicht traurig sein." (Sura 2:111-112)

 

"Jeder hat eine Richtung auf die er eingestellt ist (je nachdem er Jude, Christ oder Muslim ist). Wetteifert nun nach den guten Dingen! Wo immer ihr sein werdet (wenn das Ende über euch kommt), Gott wird euch (am jüngsten Tag) allesamt beibringen. Er hat zu allem die Macht." (Sura 2:148)

 

Meinem Verständnis nach bedeutet es dass es allein an den Glauben an Gott (egal ob man Jude, Christ, Muslim ist), an den Glauben an den jüngsten Tag und das begehen guter Taten ankommt. Also kommt es auf beides, Glaube und Taten an, jener Standpunkt den die meisten Christen eigentlich auch vertreten, auch wenn er nicht biblisch fundiert werden kann. Allerdings fasst der Islam den Glaubensbegriff hier etwas weiter und umschließt das Christentum und das Judentum, was im Christentum ja normalerweise nicht der Fall ist)

 

Habe ich das soweit richtig verstanden? Was ist euer Standpunkt ansonsten dazu?

 

ich freue mich auf eure Antworten smile2.gif

 

wasalam.gif

 

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  • 4 Wochen später...

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Ergänzung zu obigem Text:

Mittlerweile haben natürlich einige Theologen ihre eigene Version der 'Rechtfertigungslehre' entwickelt, so z.B. Augustin (*354 - 439):

"Nur durch Gottes Erbarmen ist Rettung möglich. Er sendet Jesus Christus als Erlöser, durch den Gottes Gnade von neuem wirksam wird: Sie befreit von Sünde und Schuld sowie von der Herrschaft des Teufels und beseitigt die Kluft zwischen Gott und dem, der wie Gott hatte sein wollen. Diese Gnade aber wird - darauf legt Augustin großen Wert - voraussetzungslos gewährt, sie ist eine >>gratia gratis data<<, denn wäre sie dies nicht, dann wäre sie keine Gnade mehr. (...) Aber Gottes Gnade wirkt dann auch im erneuerten Menschen (>> gratia cooperans<<) und erreicht es, daß der neue Weg nicht verlassen wird, daß Gutes wirklich getan und Verdienste (>>merita<<) erworben werden."

 

"Denn Rechtfertigung kann Augustin sich nur so vorstellen, daß der Gerechtgesprochene auch faktisch gerecht wird, daß er nicht mehr Werk der Sünde, sondern der Liebe tut, daß er Lust an Gott und nicht mehr an Vergänglichem hat, daß an die Stelle der schlechten Begierde die gute tritt. Jeder muß in Gottes Gericht 'Verdienste' vorweisen können, wenn er dort bestehen will. Zwar sind alle guten Werke Gaben Gottes, auf den alles Gute zurückgeht, aber es bleibt dennoch die Forderung bestehen, daß dieses Gute vorgezeigt werden muß. (...) Aber er hat stets betont, daß die guten Werke des Gerechtfertigten nicht Voraussetzung, sondern Folge der Gnade sind. Menschliches Tun darf nicht zur Bedingung für die geschenkte Gnade gemacht werden."

(jeweils aus G. Müller, Die Rechtfertigungslehre, Gütersloh 1977 )

Augustin sieht den Menschen aber nicht in der Lage sich aus eigenem Handeln die Gnade Gottes zu 'verdienen', stattdessen hält er an einer Prädestination fest, dernach Gott bestimmte Menschen erwählt, denen er seine Gnade zukommen lässt. Wieso Gott nur bestimmte Menschen 'erwählt' und andere nicht, darüber macht Augustin keine Angabe, er führt es auf Gottes unerforschlichen Plan zurück. Eine persönliche Heilsgewissheit gibt es in diesem System nicht, was dazu geführt hat dass der Glaubende sich verstärkt für das Gute bemüht hat, da dieses ja als Verdienst im Gericht Gottes anerkannt wird (sollte er einer der 'Auserwählten' sein).

 

Man sieht also schon eine deutliche Vermischung zwischen "Rechtfertigung allein aus Glaube/Gnade" und "Rechtfertigung durch Taten", wobei hier bei Augustin die Taten nicht die Gesetze des Judentums sind sondern gute Taten im Sinne der Nächstenliebe z.B. . Auch ist Augustin natürlich nur einer von vielen Theologen und wie jeder hat er seine Kritikpunkte, ich wollte nur der Vollständigkeit halber diese Ergänzung meinem obigen Text noch anfügen.

 

Ich finde es schade und ich bin verwundert dass ich hier noch von niemandem eine Antwort/Kommentar bekommen habe? Vielleicht ändert sich das ja mit der Zeit briggin.gif

 

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