Zum Inhalt springen

Heuchelei in Sharm el-Sheikh - Friedensverhandlungen zwischen drei Marionetten und einem Kriegsverbrecher


Empfohlene Beiträge

Abschnitt aus einem Artikel von Uri Avnery:

http://www.zmag.de/artikel.php?id=2096

 

KEIN Nahost-Gipfeltreffen war je so düster wie dieses.

 

Die vier Führer in Sharm El-Sheik saßen nicht in vertrauter Runde an einem Tisch zusammen. Jeder saß allein hinter seinem eigenen großen Tisch. Dies sicherte einen auffallenden Abstand zwischen ihnen. Die vier langen Tische berührten einander kaum. Jeder der Führer - mit seinen Beratern hinter sich versammelt - saß wie eine einsame Insel im weiten Meer.

 

Alle vier – Husni Mubarak, König Abdullah von Jordanien, Ehud Olmert und Mahmoud Abbas - hatten einen ernsten Gesichtsausdruck. Während des offiziellen Teils der Konferenz konnte nicht ein einziges Lächeln wahrgenommen werden.

 

Einer nach dem anderen hielt seinen Monolog, eine Übung in oberflächlicher Heuchelei, in inhaltsleerer Täuschung. Keiner der vier erhob sich über die Pfütze scheinheiliger Phrasen. Ein kurzer Monolog von Mubarak. Ein kurzer Monolog von Abdallah. Ein etwas längerer Monolog von Abbas. Ein endlos langer Monolog von Olmert – eine typisch israelische Rede, arrogant, die ganze Welt belehrend, wie eine vor Moral strotzende Predigt. Sie wurde natürlich auf Hebräisch gehalten, weil sie offensichtlich an das Publikum zu Hause gerichtet war.

 

Die Rede enthielt alle erforderlichen Phrasen: Unsere Seele sehnt sich nach Frieden. Die Vision von zwei Staaten. Wir wollen nicht über ein anderes Volk herrschen. Für das Wohl der nächsten Generation… Bla-bla bla. Alles im üblichen Kolonialstil: Olmert sprach über „Judäa und Samaria“ – und verwendete somit die offizielle Terminologie der Besatzung.

 

Aber um Abbas zu „stärken“ , sprach Olmert ihn mit „Präsident“ an und nicht mit „Vorsitzender“, dem obligatorischen Titel , der von allen israelischen Vertretern seit der Einsetzung der Palästinensischen Behörde verwendet worden ist. (Die klugen Männer von Oslo umgingen diese Schwierigkeit, indem sie dem Chef der Behörde in allen drei Sprachen des Vertrages den arabischen Titel des Ra’is zusprachen, was beides bedeutet „Präsident“ und

„Vorsitzender“).

 

Nur ein Wort wurde während dieses langen Monologes nicht ausgesprochen: das Wort „Besatzung“.

 

BESATZUNG? Welche Besatzung? Wo Besatzung? Hat irgendjemand irgendeine Besatzung gesehen?

 

Die Besatzung stand nicht auf der Agenda dieses düsteren Gipfeltreffens. Selbst in ihren wildesten Träumen konnten sich die arabischen Teilnehmer nichts Wunderbareres vorstellen als eine „Lockerung der Beschränkungen“ , um das Leben der leidenden Bevölkerung ein bisschen weniger schwierig zu machen; die Rückgabe der zurückgehaltenen palästinensischen Steuergelder ( d.h. Israel möge etwas von dem Geld zurückgeben, das es eingesteckt hat). Entfernung einiger Straßensperren, die die Leute daran hindern, von einem Dorf zum andern zu gehen. ( Das ist schon viele Male versprochen worden – und wird auch diesmal nicht geschehen, weil die Armee und der Shin-Beth-Geheimdienst dagegen sind. Olmert hat schon verkündet, dass dies aus Sicherheitsgründen unmöglich sei.)

 

Mit dem Gehabe eines Sultans, der den Armen am Straßenrand Münzen zuwirft, verkündete Olmert seine Absicht, einige Fatah-Gefangene zu entlassen. 250 Münzen, 250 Gefangene. Das war also das „großzügige Geschenk“, das die Palästinenser vor Freude hochspringen lassen würde; das Abbas „stärken“ und so den trockenen Knochen seiner Organisation wieder zu neuem Leben verhelfen würde.

 

Wenn Olmert nicht so weit weg von Abbas gesessen hätte, hätte er ihm auch ins Gesicht spucken können.

 

Zunächst einmal ist die Zahl der Freigelassenen lächerlich. Es gibt inzwischen über 10 000 (zehntausend!) palästinensische „Sicherheits“-Gefangene in Israels Gefängnissen. Jede Nacht wird etwa ein weiteres Dutzend aus ihren Häusern geholt. Da es keinen Platz mehr in den Gefängniseinrichtungen gibt, werden die Gefängniswärter erfreut sein, einige Insassen los zu werden. Bei früheren Gesten dieser Art hat die israelische Regierung Gefangene frei gelassen, deren Haftfrist sowieso fast abgelaufen war, oder Autodiebe.

 

Zweitens hat in den Gefängnissen eine Verbrüderung zwischen Fatah und Hamas stattgefunden. Der gewalttätige Kampf im Gazastreifen hat sich nicht in den Gefängnissen fortgesetzt. Das berühmte „Gefangenen-Dokument“, das die Grundlage zu der (jetzt abgesetzten) Einheitsregierung legte, war gemeinsam von Fatah und Hamas-Gefangenen ausgearbeitet worden.

 

...

 

http://www.zmag.de/artikel.php?id=2096

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Deine Meinung

Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Benutzerkonto hast, melde Dich bitte an, um mit Deinem Konto zu schreiben.
Hinweis: Dein Beitrag muss vom Moderator freigeschaltet werden, bevor er sichtbar wird.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

  • Wer ist Online   0 Benutzer

    • Keine registrierten Benutzer online.
×
×
  • Neu erstellen...